Beschreibung

Der Onkel des Komponisten Hartwig Drude greift in seinem Libretto Ergebnisse jüdischer Forschung auf, insbesondere im Hinblick auf die Frage nach dem Anteil, den die jüdischen Hohenpriester und Schriftgelehrten sowie das jüdische Volk einerseits und Pontius Pilatus als Repräsentant der römischen Besatzungsmacht andererseits am Prozess und Todesurteil gegen Jesus hatten.

(Wer sich intensiver mit dieser Fragestellung beschäftigen möchte, dem sei das Buch von Chaim Cohn: Der Prozeß und Tod Jesu aus jüdischer Sicht, Frankfurt/M, empfohlen)

Gegenüber seinen ersten beiden Oratorien (“Weihnachtsoratorium” ADU-125, “Von den Mühen der Heimkehr” ADU-141) ist die Musik von Matthias Drude in dem Ende 2000 abgeschlossenen Passionsoratorium noch stärker von einem sinfonischen Gesamtkonzept geprägt. Dieses Konzept ergab sich erst während der Arbeit. Daher besteht vor allem der erste Teil noch deutlich aus verschiedenen Nummern, während die folgenden Teile erkennbar den Satztypen “Adagio”, “Scherzo” und “Finale” einer viersätzigen Sinfonie folgen.

Der Librettist Hartwig Drude integriert in seinen Text die folgende Einführung in die Problematik:

Einführung

Dieser Passionsmusik liegen Berichte und Gebete der Bibel zugrunde. Sie folgt aber den Darstellungen der Evangelisten nicht vorbehaltlos. Die ersten Erzähler berichten ja nicht nur, was geschah. Sie wollen auch erklären. Im Blick auf den Tod Jesu wollen sie die römische Macht entlasten. So stellen sie Pontius Pilatus als bloß ausführendes Organ hin, als Zweifler oder gar als feinsinnigen Philosophen. Er war alles andere als das.

Dennoch lassen christliche Erzähler “die Juden” oder gar “das ganze jüdische Volk” als eigentlich treibende Kraft erscheinen, Jesus umzubringen gegen alle Wahrheit und Wahrscheinlichkeit.

Christen waren es, die das Erbe des Pilatus fortsetzten; mit Kreuzen in der Hand und auf der Brust zu foltern, zu vertreiben, zu erschlagen, zu verbrennen Jesu Schwestern und Brüder, Juden wie Ketzer.

Sie sollten nicht Opfer, sondern Täter sein, zumal beim Tode Jesu. So trennten Christen ihn von seinem Volk, töteten ihn nochmal tausendfach.

Doch Jesus war ein Jude und ging den Weg eines Juden von seiner Geburt und Beschneidung an bis zu seiner Taufe durch Johannes; auf seinem Weg durch Galiläa und Judäa bis zur Ankunft in Jerusalem. Er stirbt den Tod eines Juden. Nichts konnte ihn von diesem Weg abbringen. Auch nicht bei seinem letzten Gang zur Stadt, zum Tempel, zum Sterben.

 

Orchesterbesetzung: Fl. (auch Picc.), 2 Ob., 2 Klar., 2 Fag. (2. auch Kontrafag.), 2 Hnr., Trp., Pos., Pk., Streicher chorisch besetzt

 

Aufführungsdauern:

17’10” – I, Prolog und Ankunft in Jerusalem

13’30” – II. Auslieferung

6’40” – III. Verurteilung

24’30” – IV. Hinrichtung