Lasso, Orlando di

1532 in Mons, Burgundische Niederlande – 14.06.1594 in München

Von seinen Bewunderern wurde Orlando di Lasso „princeps musicorum“ (Fürst der Musiker) genannt. Neben Palestrina (1525–1594) gilt er als der bedeutendste Komponist der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Sein kompositorisches Spektrum übertrifft in seiner Vielseitigkeit alle Musikerkollegen. Kein Komponist der damaligen Zeit erreichte mehr Drucke und Nachdrucke (sie wurden in den damals bedeutendsten Druckorten Europas publiziert. Insgesamt komponierte Orlando di Lasso ca. 2.000 Werke, manche wurden bis zu 30-mal in Druck gegeben.

Orlando di Lasso, auch Orlande, Roland de Lassus oder Rolandus Lassus (Orlando selbst unterschrieb oft in einer Mischform dieser Versionen) kam bereits im Kindesalter als Chorknabe mit der Musik in Kontakt. Er folgte 1545 Ferrante Gonzaga nach Italien, wo er mit der weltlichen Musik der Adelskreise vertraut wurde. Nach mehrjähriger Wanderschaft gelangte er 1551 nach Rom, wo er 1553 Kapellmeister an der Kirche S. Giovanni in Laterano wurde. 1555 verließ er Rom und ließ sich in Antwerpen nieder, um seinen Lebensunterhalt als Musiklehrer der vornehmen Gesellschaft und – ein Novum – als freischaffender Komponist zu verdienen. 1556 wurde er Mitglied der herzoglichen Hofkapelle in München. 1562 übernahm Orlando das Amt des Kapellmeisters, das er bis zu seinem Tod bekleidete. Die Hofkapelle war damals für die Kirchenmusik bei der täglichen Messe des Herzogs, für offizielle Festmusik, private Kammermusik und für Huldigungsmusik bei Staatsempfängen zuständig und begleitete den Herzog auch auf Reisen. Orlandos Tätigkeiten als Kapellmeister umfassten den Aufbau einer der bedeutendsten Musikkapellen Europas (1550: 19 Musiker; 1569: 63 Musiker), viele Reisen durch Europa zur Anwerbung neuer Musiker, den Unterricht von Chorknaben, die sogar in seiner Familie lebten, Proben mit den Musikern und die Komposition einer großen Zahl von Werken. Um diese Aufgaben ausfüllen zu können, begann er sein Tagwerk um vier Uhr morgens. 1570 wurde er von Kaiser Maximilian II. in den erblichen Adelsstand erhoben. Nach dem Tod Albrechts im Jahr 1579 erhielt Orlando 1580 das Angebot des sächsischen Kurfürsten, Kapellmeister in Dresden zu werden. Er lehnte ab, weil er sich dem bayerischen Hause sehr verbunden und für einen Wechsel bereits zu alt fühlte. 1581 ging Orlando mit seinem neuen Dienstherrn Wilhelm V. dem Frommen auf Wallfahrt nach Altötting. 1584 gebot Orlandos Motette „Gustate et videte“ bei der Fronleichnamsprozession in München angeblich dem Regenwetter Einhalt. Seine Musik wurde vom Volk dadurch endgültig als „göttlich“ angesehen. 1591 erlitt er einen Zusammenbruch (vermutlich einen Schlaganfall) und wurde zunehmend melancholisch und depressiv. 1594 starb Orlando di Lasso im Alter von 62 Jahren. Sein Leben und Werk ist besser als das aller anderen Musiker seiner Zeit dokumentiert, schon zu seinen Lebzeiten erschien eine Biografie über ihn. Orlandos liturgische Musik wurde im 19. Jahrhundert wiederentdeckt. Diese Art der Kirchenmusik wurde zu der Zeit als Idealfall liturgischer Musik angesehen. Seine weltlichen Sätze wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Zuge der Jugendbewegung ins Deutsche übersetzt und für Laienchöre herausgegeben. 1994 war zum Festival Orlando di Lasso-Renaissance in München aus Anlass seines 400. Todesjahres nahezu jedes Konzert ausverkauft.

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